Gut vorbereitet reiste die erste Mannschaft der WTG Heckengäu am Samstag ins bayerische Pfuhl. Im Neu-Ulmer Stadtteil fand an diesem Tag der Aufstiegswettkampf zur 2. Bundesliga statt. Die Gemeinschaftsriege hatte sich durch ihren soliden zweiten Platz in der Vorrunde für diesen besonderen Wettkampf qualifiziert. Ihr Gegner war zunächst die ambitionierte KTV Obere Lahn aus der hessischen Kleinstadt Biedenkopf, die in der Nordstaffel der 3. Bundesliga, die Meisterschaft feierte. Parallel kämpfte der MTV Ludwigsburg, als Meister der hiesigen Drittligastaffel, gegen das KTT Oberhausen ebenfalls um den Aufstieg. Für diesen Wettkampf hatte sich das Team aus der Barockstadt mit einem weiteren ausländischen Gastturner aus Italien verstärkt, um nichts anbrennen zu lassen. Die Taktik hatte Erfolg: Ludwigsburg schaffte souverän mit 47:22 Scorepunkten den direkten Aufstieg.
Für die WTG begann der Wettkampf an diesem kalten Wintersamstag am Sprung, an dem sie gleich ordentlich Scorepunkte erzielte. Niccolo Spiess turnte seinen schwierigen Kasamatsu ohne einen einzigen Schritt und holte damit gegen seinen Kontrahenten Karl Becker zwei Scorepunkte. Sein Bruder Lovis und Philipp Lutz taten es ihm gleich und brachten Zählbares ins Heimlager. Einzig Kapitän Nick Ackermann musste sich geschlagen geben und dabei drei Scrorepunkte an die Obere Lahn abgeben. Doch dieses Duell war etwas Besonderes. Ackermann trat hier gegen den Nationalturner Artur Davtyan aus Armenien an, der in diesem Jahr bei den Olympischen Spielen Bronze am Sprung gewonnen hat.
Mit 8:3 ging es weiter an den Barren, an dem die WTG ihren Vorsprung auf 16:10 ausbauen konnte. Lovis Spiess erzielte in seinem Duell gegen Lukas Lippert drei Scorepunkte durch seine stabile Übung, bei der er lediglich bei seinem Doppelsaltoabgang einen kleinen Ausweichschritt machen musste. Gegen die weltmeisterschaftstaugliche Kür des zweiten KTV-Gastturners Andrey Likhovitskiy (belarusischer Nationalturner und Olympiateilnehmer) hatte Heckengäus Niccolo Spiess das Nachsehen, der fünf Scorepunkte abgeben musste. Im letzten Duell brachte Allrounder Philipp Lutz seinem Team dank fünf Zählern den Gerätesieg und verhalf zum Zwischenstand von 16:10.
Nach zwei gewonnen Geräten konnte die WTG ab dem Reck keinen Gerätesieg mehr holen. Sie konzentrierte sich nun darauf den gewonnenen Vorsprung möglichst zu halten, was aber vor allem aufgrund der fast sprachlos machenden Leistungen der ausländischen Gastturner utopisch anmutete. Zwar darf laut den Regularien der Deutschen Turnliga pro Geräte nur ein Turner ohne deutschen Pass antreten, jedoch nutzte die Obere Lahn diesen Passus für sich zum großen Vorteil aus. Likhovitskiy brillierte am Königsgerät mit einer Übung, die er so auch bei einem internationalen Wettkampf hätte zeigen können, was fünf Zähler einbrachte. Einzig Philipp Lutz gelang es mit einer sehenswerten Leistung, die durch einen Doppelsalto mit einer Schraube beendet wurde, hier zu punkten.
Am Boden schmolz der Abstand zur Oberen Lahn auf nur noch einen Punkt zusammen. Doch die Gemeinschaftsriege kämpfte wacker weiter und versuchte Paroli zu bieten. Am Pauschenpferd gelang das aber nur noch Manu Tschur, der erwartungsgemäß lieferte und sich so gegen Lukas Lippert mit vier Scorepunkten durchsetzen konnte. Jan Griesmeier hatte gegen den Belarusen Likhovitskiy keine Chance und kassierte fünf Zähler. An den Ringen ließ die KTV schließlich nichts mehr anbrennen und gewann den Wettkampf mit 40:35. Zusammen mit dem MTV Ludwigsburg steigt Obere Lahn direkt in die 2. Bundesliga auf.
Doch der Aufstiegswettkampf war noch nicht vorüber. Die beiden Verlierer mussten nun die Plätze drei und vier untereinander austurnen. Da mit dem Turn-Team Schiltach ein langjähriger Bundesligaverein seinen Rückzug aus der zweiten Liga angekündigt hatte, war in diesem Jahr auch der dritte Platz aufstiegsberechtigt. Was im Fußball ein Elfmeterschießen ist, heißt im Turnsport K.O.-Turnen. Das Los entschied, dass das KTT Oberhausen sich ein Gerät für das erste Duell aussuchen durfte. Die Wahl fiel auf die Ringe, an denen Michael Donsbach vom KTTO eine zweitligataugliche Kür ablieferte, die durch einen gestreckten Doppelsalto rückwärts gekrönt war. Heckengäus Antwort, in Form von Manu Tschur, der ebenfalls eine abzugsfreie Übung darbot, jedoch beim Abgang von der Schwierigkeit her nicht mithalten konnte, reichte nicht. Oberhausen hatte drei Scorepunkte.
Nun war die WTG an der Reihe und durfte sich ein Gerät aussuchen. Für das Trainerteam mit Eckart Schauerhammer und Andreas Zeile war zu diesem Zeitpunkt aber schon klar, dass egal für welches der verbleibenden fünf Geräte sich die Mannschaft entscheiden würde, die Chancen auf einen Sieg äußerst gering waren. Denn das Team, welches nach dem zweiten Duell die meisten Punkte erzielt haben würde, gewinnt das K.O.-Turnen. Und so wählte die WTG das Reck und verschaffte Philipp Lutz einen weiteren Einsatz am Königsgerät. Leider stürzte er im entscheidenden Moment bei seinem hochwertigen Tkatchev-Flugelement. Doch auch ohne Sturz hätte das KTT sein Duell gewonnen. Das Team aus dem Ruhrgebiet setzte nämlich seinen Gastturner Bram Verhofstad (u. a. WM-Teilnehmer) der Lutz ohnehin keine Chance gelassen hätte.
Auch wenn das Ergebnis des Aufstiegswettkampfes mit Platz vier auf den ersten Blick nicht nach einem Erfolg aussieht, ziehen das Trainerteam und Kapitän Ackermann dennoch eine sehr positive Bilanz. Mit 281,30 Wettkampfpunkten zeigte die Gemeinschaftsriege im Duell gegen die KTV Obere Lahn ihre bisher stärkste Saisonleistung. Auch die Taktik ging mehr als auf, da das Team beim Ergebnis nur fünf Scorepunkte weniger turnte als die KTV, die in ihrer Nordstaffel zwar alle Wettkämpfe der Vorrunde gewinnen konnte, jedoch keinen ihrer Gegner so nah heranließ. Beim K.O.-Turnen hatte die WTG von vorneherein nur geringste Chancen – egal gegen welchen Gegner sie hätte turnen müssen. Hier ist nämlich die Mannschaft im Vorteil, die viele Gerätespezialisten in ihren Reihen hat. Sichtlich entspannt attestiert Trainer Zeile seinem Team eine „starke Mannschaftsleistung ohne größere Fehler im Aufstiegswettkampf“, die zu einem spannenden Finale führte. Darüber hinaus stellte er nochmals heraus, dass seine Turner insgesamt „eine grandiose Saisonleistung“ erbracht hätten und er für das kommende Jahr guten Mutes sei.